Eine Ära geht zu Ende !
Im Jahre 1996 war ich als frisch ausgelernter Mechanikergeselle auf der Suche nach einer Halle die ich als "Pfuscher" Werkstatt verwenden wollte. Ich wurde in meiner Heimatgemeinde Ötztal-Bahnhof fündig und mietete mich am Bahnrain 2 ein. Diese Halle war eines der ersten Häuser im Ort und wurde von der Post zur Einstellung und Wartung von Postbussen verwendet. Auch die Firma Bofrost war einige Jahre mit ihren Klein LKWs eingemietet. 1996 habe ich schon meine ersten Autos, damals noch VW getunt, war aber noch nicht im Motorsport unterwegs. Diese Halle war perfekt für mich!
Ich habe dann gemeinsam mit meinen Kumpels Thomas Kofler, Michael Partner und Roger Jahnig an den eigenen Autos geschraubt, aber auch Kundenfahrzeuge wurden preisgünstig repariert. Alles wurde gemacht. Motorenwechsel, Unfallinstandsetzung, Komplettlackierungen, Tuning und Rostbehebung. Wir hatten einfach vor nichts Angst. Hauptsache die Kohle stimmte! Am Anfang hatten wir fast kein Werkzeug und auch keine Hebebühne. Alles wurde am kalten Betonboden gemacht. Legendär waren in dieser Zeit auch die Toastpartys. Wir haben uns einen Backofen in die Werkstatt gestellt und es gab jeden Tag Toast mit Ketchup. Ein alter Holzofen aus dem 19. Jahrhundert spendete uns im Winter Wärme. Das Anzünden mit Benzin drückte dem ein oder anderen (Roger) schon Schweissperlen auf die Stirn. Viele Freunde kamen vorbei und es wurde zu einem Treffpunkt wo Karten und Dart gespielt wurde. Einige dieser Freunde begleiten mich heute noch und wir sprechen immer wieder gerne über diese wilde Zeit.
Ich glaube 1997, eine Woche vor dem GTI Treffen am Wörthersee, ist mir aufgefallen, dass ich noch kein Auto fürs Treffen hatte. Schnell wurde ein VW Caddy gekauft, gepörtelt, komplett lackiert und waaghalsig mit Holzbalken und Gewindestangen an der Hinterachse tiefer gelegt. Roger konnte damals seine Lackierkünste am Caddy perfektionieren. 50PS Saugdiesel mit 2015er Breitreifen auf Borbet 9x16 ET15 und keine Servo. So waren die Zeiten damals. Alles was da war wurde verbaut. Nach dem Treffen hat mir ein Motorradpolizist in Ötz die Nummer abgenommen. Ich habe den Caddy dann nach Griechenland, an einen Herrn Onasis verkauft.
Mein größtes und dümmstes Projekt war aber ein Toyota Hilux mit Überschlag. In Innsbruck gesichtet und mit eingedrückten Dach und ohne Scheiben nach Ötztal- Bahnhof geschleppt. Schlepper war wieder einmal Roger Jahnig mit einem Opel Corsa. Bei der ersten Kreuzung in Innsbruck haben wir schon das Seil abgerissen und so sind wir ohne Seil, mit 10 Zentimetern Abstand damit man nicht sieht, dass am Hilux keine Nummern montiert waren, über die Bundesstrassen hoch geheizt. Es war Winter und im Auto lag nur eine Nikolausmütze und eine Sonnenbrille. Der kalte Fahrtwind ließ mir keine Wahl. Das war sicher ein Bild für Götter. Alle Blechteile des Hilux, ausser eine Seitenwand waren Schrott. Drei Monate lang habe ich geflext, geschweisst und ausgerichtet. Nie mehr wieder würde ich sowas hinbekommen. Jung und dumm kann man da nur sagen. Wenn ich in dieser Zeit gepfuscht hätte, wären zwei Hilux drinn gewesen.
1998 dann die Geburt von Tschuppi Motorsport. Bei einer Mitfahrgelegenheit bei Mario Pohl am Salzburgring sollte sich mein Leben und finanzielle Lage für immer ändern. Mich hatte das Rennfieber gepackt. Im September 98 kaufte ich von Pohli den 325i E30 der heute noch bei mir zuhause steht. Im Oktober 98 fuhr ich am Salzburgring mein erstes Rennen. 1999 ging es schon nach Varano in Italien, wo ich aber mit der Leistung des 325ers nicht mehr zufrieden war. So baute ich von 1999 auf 2000 in der Bahrain Werkstatt einen E34 M5 Motor in meinen E30 ein. Zu dieser Zeit ohne Internet und Erfahrungswerte, ein Mega Projekt. Mit nun 316PS und 1060KG lehrte ich den Porschefahrern das Fürchten. Der E30 ist bis heute unverändert und wird alle paar Jahre mal wieder von mir bewegt.
Wenn man Rennen fahren will, braucht man natürlich einen Autotransporthänger. Nein, nicht einfach einen kaufen. Den bauen wir schon selber. Also kurzerhand einen Wohnwagen organisiert, den Aufbau abgerissen, eine Woche geschweisst, und fertig. Ja, so war das damals immer. Nie den einfachen Weg. Dann leider einem ehemaligen Kumpl, heute Berufsgauner geliehen und nie mehr wieder gesehen.
Legendär auch die Grillpartys die wir öffters mit Freunden und Motorsportfans aus meiner Region veranstaltet haben. Die Werkstatt war immer ein super Treffpunkt für Benzingespräche und anderen Blödsinn. Irgendwie konnte man immer weiter helfen, oder einem wurde geholfen. Ich bin der Meinung, dass ich einigen die Liebe zum Automobil und Motorsport vermitteln konnte.
Unvergesslich war auch die Explosion beim Schweißen. Für das zweite Stockcarrennen in der Area 47 wollte ich noch schnell das Diff zusammen schweißen. Also Deckel runter, alles mit einer Dose Bremsenreiniger auswaschen, und schweißen. Jemand hätte halt die Wanne mit dem Bremsenreiniger weg stellen sollen. So schnell kann man seine Haare und Augenbrauen verlieren. Stadi, der einen Meter neben mir stand, konnte seine Haarbracht gerade noch retten. Mein Tag und mein Gesicht waren versaut. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt ging es wieder zum Rennen. Beim Blech einschweissen kam es auch mal zum Brand. Die Rückbank brannte bei einem Nissan Terrano lichterloh. Da im Winter immer das Wasser abgedreht war, mussten wir mit Saftl löschen, das wir gerade zuvor gekauft hatten. Das war knapp sag ich euch. Knapp war auch, als ich mich mal tief in die Hand geschnitten habe. Ich bin umgekippt und neben der Heizkanone liegen geblieben. Als ich wieder aufwachte, hörte ich das Gebläse der Kanone und der Heizstrahl ging nur knapp an mir vorbei. Ich glaube es gibt schönere Tote, als von einer Heizkanone geprutzelt zu werden.
Mit der Teilnahme an Stockcar Rennen, Eisrennen und 3 Stunden Cup wurden in den letzten Jahren natürlich viele weitere Rennautos gebaut. Die Vorfreude hat mich immer angetrieben und die viele Arbeit vergessen lassen. Bei einem Stockcar Rennen hatte ich am Vortag einen Motorschaden und ich musste einen neuen Motor einbauen. Auch da waren wieder viele helfende Hände meiner Kumpels zur Stelle. Um 3 Uhr Früh war der Motor umgebaut und wieder startklar. Leider hat es mir beim ersten Lauf dann die Ölwanne zerrissen und die ganze Mühe war umsonst. Auch mein Bruder Wolfgang baute seinen E36 M3 in monatelanger Arbeit in dieser Werkstatt auf.
Wie es immer heisst, kommt das Beste zum Schluss. 2019 hat sich durch meinen Kumpl Stefan Kohl die Möglichkeit ergeben, einen Chevrolet Camaoro als Driftauto neu aufzubauen. Sicher das schönste und brutalste Auto, was in dieser Werkstatt jemals entstanden ist. 7 Liter V8 mit Kompressor und 750PS. Von September 2019 bis März 2020 baute ich den Chevy mit Stefan und Fluige zu einer Höllenmaschine um. Zu Baugeginn wusste ich noch nicht, das dies das letzte Rennauto ist, was in meiner geliebten Werkstatt entstehen sollte.
Nun nach 24 Jahren ist es Zeit auf Wiedersehen zu sagen. Die Halle wurde verkauft und wird abgerissen. Ich habe in dieser Werkstatt viel gelernt, viel geflucht, viel Blut vergossen, sehr viel gearbeitet, etwas Geld verdient, aber vor allem viel, viel Spass gehabt. Auch viele Spinnereien, die dann zu Veranstaltungen in ganz Tirol führten, sind in diesen heiligen Hallen entstanden.
Viele Freunde die ich heute habe, kenne ich wegen dieser Werkstatt. Viele die mit mir geschraubt haben, sind immer noch gute Freunde von mir. Auch wenn man sich nur alle paar Monate sieht, wird diese Zeit unvergessen bleiben. Bitte erinnert euch ab und zu an die Zeit in meiner Werkstatt und was wir alles gemeinsam erlebt haben.
Danke an alle die auf einen Ratscher vorbei geschaut haben, danke an alle die mir immer geholfen haben, danke an die gesamte Familie Götsch, die mir das ermöglicht haben und danke an meinen Schatz Carolin, die meine Leidenschaft zum Schrauben immer verstanden hat.
Natürlich geht die Reise für mich mit Tschuppi Motorsport weiter. Ich richte gerade eine neue Halle in Ötztal-Bahnhof ein, und freue mich über jeden zukünftigen Besucher. Show must go on !!!